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Gerade sind sie noch die besten Freunde und von einem Moment auf den anderen fliegen die Fetzen. Schreien, Kreischen, Fellbüschel überall – die Katzen benehmen sich wie die Furien. Was ist geschehen? Viele Katzenhalter sind ratlos und erschrocken. Warum gehen sich die beiden Katzen plötzlich an die Kehle? Sie waren doch immer ein Herz und eine Seele.

Umgeleitete Aggression

In der Verhaltensberatung ist das Phänomen unter „umgeleiteter Aggression“ bekannt. Katzen, die sich eben noch gut verstehen, können sich plötzlich nicht mehr riechen. Das kann so weit gehen, dass eine Katze die andere so schlimm bedrängt, dass diese sich vor Angst einnässt. Doch woher kommt diese plötzliche Abneigung?

Ursachenforschung

Umgeleitete Aggression entsteht nicht aus dem Nichts. Oft sind fremde Katzen schuld, die vor dem Fenster vorbei laufen. Vor allem, wenn sie vielleicht auch noch die eigene Katze provozieren. Auch ein heftiger Schreck, zum Beispiel über plötzlichen Lärm oder starker Schmerz kann Auslöser für eine umgeleitete Aggression sein. Oftmals jedoch bleibt die Ursache im Verborgenen. Viele Halter können nur vermuten, was passiert ist.

Warum tut sie das?

Besonders Wohnungskatzen sind häufig von umgleiteter Aggression betroffen. Denn sie können ihr Revier nicht draußen abstecken und verteidigen. Im Allgemeinen neigen eher die Katzen zu umgeleiteter Aggression, die sehr territorial und gleichzeitig unsicher sind. Sehen sie eine fremde Katze am Fenster oder vom Balkon aus, würden sie am liebsten zu ihr und sie vertreiben. Das das nicht geht, steigt das Erregungslevel und damit der Stress immer weiter an. Irgendwann sind sie dann so aufgeregt, dass sie nicht mehr klar denken können. Da sie ihre Wut aber nicht an dem Eindringling auslassen können, muss der Nächstbeste herhalten, der sich gerade in der Nähe befindet. Oft sind das die Mitkatze, andere tierische Mitbewohner wie Hunde oder sogar der Halter selbst.

Diese umgeleitete Aggression kommt für die Ofper vollkommen unerwartet. Hunde und Menschen fliehen eher erschrocken. Die Partnerkatze jedoch versteht die Welt nicht mehr. Da sie aber bedroht wird, verteidigt sie sich. Das bringt den Angreifer meistens noch mehr in Rage. Innerhalb von Sekunden kann so eine jahrelange Katzenfreundschaft in die Brüche gehen.

Erste Hilfe

Richtet sich die umgeleitete Aggression gegen eine Mitkatze, solltest du versuchen, die beiden so schnell wie möglich zu trennen. In separaten Räumen können sich alle Beteiligten erst einmal von dem Schreck erholen.

Lass die Katzen ruhig einige Stunden getrennt. Jede sollte natürlich in ihrem Raum gut versorgt sein mit Futter, Wasser und Katzenklo.

Nach einigen Stunden kannst du die Türen vorsichtig wieder öffnen und beobachten, wie sich die beiden Katzen verhalten. Wird aneinander geschnüffelt und sich gegenseitig geputzt? Liegen sie wieder Seite an Seite und können in Gegenwart des anderen Spielen? Dann ist wohl alles wieder gut. Behalte die beiden dennoch erst einmal im Auge. Manchmal zeigt sich die Aversion erst nach einigen Stunden des Zusammenseins wieder. Ist das der Fall, musst du sie erneut trennen.

Wenn es länger dauert

Leider ist es in den wenigsten Fällen mit einer kurzen Trennung getan. Viele Katzen fahren auch noch nach Tagen beim Anblick der anderen Katze sofort wieder hoch – und der Kampf entflammt erneut. Jetzt hilft nur eins: Konsequente Trennung der Streithähne und eine systematische Wiederzusammenführung. Diese erfordert Geduld, Zeit und vor allem viel Liebe und Verständnis – aber es lohnt sich. Gerade Katzen, die vorher sehr gute  Freunde waren, haben gute Chancen wieder zusammenzufinden.

Sichere Zusamenführung

Eine Wiederzusammenführung läuft im Grunde genauso ab, wie eine Zusammenführung zwischen zwei neuen Katzen. Beide sind separiert und sehen sich nur, wenn es etwas Positives gibt. Das kann Futter sein, ein Leckerchen oder  – sehr effektiv – eine Belohnung beim Clickertraining. Dieses Vorgehen bezeichnet man als „Gegenkoditionierung“. Der negative Reiz – hier die Partnerkatze – wird mit etwas Positivem belegt (z.B. Futter) und so können sich die Katzen nach und nach immer mehr beim Anblick der anderen entspannen. Denn diese ist nun nicht mehr mit der fremden Streunerkatze und dem Angriff verknüpft, sondern mit etwas Schönem wie einem Leckerchen oder dem Clickertraining.

Auch wenn das jetzt sehr einfach klingt, man sollte sich bewusst sein, dass diese erneute Zusammenführung einige Zeit in Anspruch nimmt. Besonders die ersten Begegnungen werden noch voller Anspannung sein und sollten daher so kurz wie möglich gehalten werden. Erst nach und nach kannst du die Begegnungen ausweiten und die Zeit verlängern, die die beiden zusammen verbringen.

Damit es nicht gleich wieder zum Kampf kommt, sollten die Katzen durch eine Gittertür getrennt werden. So können sie sich sehen, aber nicht berühren. Das gibt Sicherheit für Katze und Halter.

Ende gut alles gut?

Wenn die Katzen schließlich wieder Freunde sind, ist dann alles gut? Das kann gut sein. Doch zeigt dieser Vorfall, dass deine Katze eine „Achillesferse“ hat. So richtig sicher, dass es nie wieder passiert kannst du dir nicht sein. Wenn du also die Ursache für die umgeleitete Aggression kennst, solltest du versuchen, sie abzustellen.

Auch das Selbstbewusstsein deiner Katze solltest du stärken, damit sie in zukünftigen ähnlichen Situationen gelassener reagieren kann und ihre Wut gar nciht erst so groß wird, dass sie jemanden angreifen muss.

Umgeleiteter Aggression vorbeugen

Hier folgen einige Tipps und Tricks, wie du erneute brenzlige Situationen verhindern oder entschärfen kannst.

1. Fremde Katzen

Bringe Fensterfolie in Sichthöhe deiner Katze an. Du kannst sie über die gesamte untere Fensterfläche kleben oder auch nur einzelnen Streifen längs anbringen. So fühlt sich die Katze geschützt und kann trotzdem noch etwas sehen.

Auch Pflanzen auf der Fensterbank eigenen sich als Sichtschutz und gleichzeitig Versteck für deine Katze. Achte nur darauf, dass du für Katzen unbedenkliche Pflanzen auswählst. Geeignete Pflanzen findest du zum Beispiel in den Büchern „Katzenbalkon“ und „Katzenpflanzen“ von Sabine Ruthenfranz.

In einem Freigehege kannst du die untere Hälfte mit einer Plane abdecken, wie man sie auch für Balkongeländer benutzt. Und natürlich sind auch hier Pflanzen als Sichtschutz geeignet.

Wenn du einen eigenen Garten hast und Budget und Grundstück es zulassen, kannst du natürlich überlegen, diesen katzensicher zu gestalten – und zwar zu beiden Seiten, damit du die Eindringlinge auch wirklich draußen hälst.

Einige Leute schwören auf die sogenannte „Verpiss-Dich-Pflanze“. Sie soll durch ihren Geruch Katzen und Hunde verhalten. Ob es funktioniert, muss jeder selbst austesten. Aber einen Versuch ist es Wert.

Wenn du die fremde Katze vor dem Fenster, dem Balkon oder im Garten siehst, verscheuche sie mit Rufen und in die Hände Klatschen. Auch der Einsatz einer Wasserpistole kann hier als Ausnahme toleriert werden. Was gar nicht geht: Die fremde Katze zu verletzen! Achte bei diesen abschreckenden Maßnahmen auch immer darauf, dass deine eigene Katze davon nicht betroffen ist.

2. Plötzlicher Lärm

Leider kann man plötzlich entstehenden Lärm nicht aktiv beeinflussen. Jedoch kann man an der Lärmempfindlichkeit seiner Katze arbeiten. Auch hier erfolgt das Training über eine Mischung aus Gegenkonditionierung und Gewöhnung:

Spiele verschiedene Geräusch, von denen du weißt, dass sie deine Katze sehr erschrecken, so leise ab, dass du sie kaum mehr hörst. Keine Sorge: Deine Katze hat ein viel besseres Gehör als wir, daher wird sie die Töne immer noch wahrnehmen. Nun spielst du mit ihr oder bietest ihr ihre Lieblingsleckerchen an. Auch Clickertraining ist sehr effektiv. Erhöhe die Lautstärke erst, wenn deine Katze entspannt und fröhlich bleibt.

Natürlich kann es während der Trainingsphase immer wieder mal zu plötzlichem Lärm kommen. Doch das kannst du nutzen: Gib ihr sofort eine Belohung, clickere mit ihr oder hohle die Spielangel hervor, wenn Lärm auftritt. Am Anfang kann sie sich darauf vielleicht noch nicht einlassen, doch mit der Zeit, wird es besser werden.

3. Selbst erzeugte Töne oder Laute

Wenn deine Katze auf bestimmte Töne oder Laute reagiert, die du ausstößt, zum Beispiel einen Freudenquietscher, versuche, diese bewusst zu vermeiden. Es ist vielleicht nicht immer möglich, doch wenn du darauf achtest und ein Alternativverhalten einübst, kann es klappen.

4. Schmerzen

Kommt der Angriff tatsächlich wie aus dem nichts und du kannst weder fremde Katzen, noch Lärm oder ähnliches als Auslöser identifizieren, ist es gut möglich, dass eine der Katze Schmerzen hat oder krank ist.

Lass beide beim Tierarzt untersuchen. Entweder hat der Angreifer Schmerzen und weiß nicht, woher diese so plötzlich kommen. Dann versucht er diese zu vertreiben – und nimmt womöglich die Mitkatze ins Visir.

Umgekehrt kann es sein, dass das Opfer Schmerzen hat oder krank ist. Wenn sich aufgrund der Erkrankung der Geruch, das Verhalten oder die Hormone ändern, kann das manche Mitkatzen so stark verunsichern, dass sie den Partner nicht mehr erkennen und auf ihn los gehen.

Professionelle Hilfe

Wenn du alleine nicht weiter kommst und deine Katzen sich immer wieder an die Gurgel gehen, bitte einen Katzenverhaltenstherapeuten oder eine Katzenverhaltenstherapeutin um Hilfe.